Der AIDS-Tag als Werbezopf und Medienspektakel
0 Was hier zu hören Du bekommst,
Sieht aus wie ein Gedicht.
Doch wenn Du zart besaitet bist,
Dann lies es lieber nicht!
Falls ich nicht überzeugen kann,
Entscheidest wieder Du,
Und kommt von dir dann kein Protest,
So trug's wie folgt sich zu -
Es tru-hug wie folgt sich zu.
Gib acht!
1 Vor vielen Jahren zog man aus,
Mit Viren zu hausier'n,
Den Teufel einer neuen Pest
An jede Wand zu schmier'n.
2 Sie werde schlimmer jeden Tag,
Die Seuche, weißt schon wie,
Und wüte, ach, an jedem Ort
Der Welt, wie vorher nie.
3 Besonders auch in Afrika.
So groß sei dort die Pein,
Als stelle die Bevölkerung
Schon bald das Wachsen ein.
4 In Anbetracht der Erdenlast:
Ein Misanthrop wär' froh.
Die Pharma aber sang den Blues
Vom Helfen oder so.
5 Du glaubst es nicht, schon klar, und doch:
Es wurden Stimmen laut,
Man kämpfe selbstlos, wütend fast
Um jede schwarze Haut.
6 Nebst Pillen brauche man Geduld
Und Särge bis dahin,
Vor allem aber sehr viel Geld.
Zwecks Forschung und Gewinn!
7 Doch böse Zweifler setzten bald
Den Fuß in diese Tür,
Und fragten nach der Virenlast:
"Sagt an, was spricht dafür?"
8 Und nun, das hast Du nicht erlebt,
Verging die Zeit im Flug.
Die Antwort steht bis heute aus!
Als walte Lug und Trug -
Als wa-halte Lug und Trug.
9 Nun riefen sie die Götter an
Und beugten fromme das Haupt,
Und krischen, dass die Virenlast
Das Leben allen raubt -
Das Le-heben allen raubt.
10 Beim Amen floss der Segen dann
Als warmer Ablass-Strom,
Den Pharma-Frömmlern in den Schoß,
Wie einst er floss nach Rom.
11 Der Frömmler liebt den Dollarcash,
Da stark er macht und frei,
Und Impfstoff suchen kann man auch,
Es läuft so nebenbei.
12 So reichlich floss der Segen bald,
So gnädig ohne Maß,
Dass aus dem Aug' verschwand das Ziel,
Das Suchen machte Spaß.
13 Man wandte sich ans Publikum,
Pries alten Wirkstoff an,
Der lag aus lauter Dollerei
Noch rum und musste ran.
14 Es war ein Mittel, lang bekannt,
Angeblich 'ne Arznei,
Doch wer es nahm, der wurde bald
Von Abwehrkraft ganz frei!
15 Zwar wurd's von niemandem gebraucht,
Doch praktisch war es schon,
Die Wirkung still und leise, ach -
Verzeihet mir den Hohn,
Verzeihe-et mir den Hohn.
16 Und wirklich wurden bald danach,
Lizenzen neu erteilt,
Für jenen Stoff, der still und leis
Von Abwehrkraft uns heilt.
17 Der Name neu, der Wirkstoff alt,
Doch was man uns verschweigt:
Wer abwehrkräftig vorher war,
Dann Abwehrschwäche zeigt.
18 Er galt als Waffe im OP,
Und hat auch nie versagt,
Die Wirkung war nur oft letal,
Es wurde viel geklagt.
19 Aus Jux und Dollerei jedoch,
Verfiel man auf den Stoff,
Als "irgendwas mit Abwehrkraft"
Die schwule Szen' betroff.
20 Der fehlte, was der Wirkstoff nahm:
"Wenn das nicht passt, was dann?"
So dachten diese Leute wohl
Und machten einen Plan -
Sie ma-achten einen Plan.
Gebt acht!
21 "Wir brauchen einen Anlass, Jungs,"
So sprachen sie im Scherz,
"Den Wirkstoff dort zu applizier'n",
Und fassten sich ein Herz.
22 "Ne Schwulenseuche, boy oh boy,
Die übergreift viral!
Und unser Wirkstoff würde dann
Sie inszenier'n global."
23 "Zwar sind auch Seuchen nicht mehr das,
Was früher sie mal war'n,
Sie werden ziemlich schnell beherrscht,
Das kann man sich auch spar'n."
24 "Es hält nicht vor, noch lastet's aus,
Es ist ein schlechter Deal,
Der Könner baut dem Zufall vor
Und macht den Weg zum Ziel."
25 "Wo immer nichts zu finden ist,
Macht Suchen ganz viel Sinn,
Man muss nur richtig motivier'n,
Und zählt dann den Gewinn."
26 "Wir brauchen keine Seuche, Jungs!"
So sprachen sie gedämpft,
"Man müsste immerhin so tun,
Als ob man was bekämpft."
27 "Wir basteln einen schönen Test,
Was haltet ihr davon?
Und was er wie auch immer zeigt,
Behandeln wir auch schon."
28 "Wir setzen unser Mittel ein,
Das helfend garantiert,
Dass, was der Test angeblich zeigt,
Der Wirkstoff generiert."
29 Wenn das kein Stoff ist zum Skandal,
Dann macht den Laden dicht,
Zu denen packt Euch, die der Herr
Am jüngsten Tag erbricht -
Am jü-üngsten Tag erbricht. ***
Gebt acht!
30 Tags drauf erhob sich ein Geschrei,
Es drohe Pandemie,
Betroffen könne jeder sein,
Das war es, was man schrie.
31 Ein Virus, schrie man, frisch entdeckt,
Die Abwehrkraft zerstört,
Von zwanzig Toten habe man,
Bis dato schon gehört.
32 Nicht viele zwar bei Pandemie,
Schon wahr, und doch - wer weiß,
Es waren schließlich Mittel da,
Sie zu vermehr'n mit Fleiß.
33 Verboten zwar und nutzlos sonst,
Verfaulten sie im Schrank,
Die Wirkung aber gut erforscht -
Erahnt Ihr den Gestank?
Era-hahnt Ihr den Gestank?
34 Es war Betrug von Anfang an,
Das lernen wir dazu,
Und wer den Medien hörig ist,
Der schlaf' in guter Ruh'.
35 Denn wenn Du ein Ergebnis brauchst,
Und dann auch wieder nicht,
Dann drehst Du einen Werbezopf
Und gehst ins Rampenlicht.
36 Was Forschung nicht mehr leisten kann,
Der Zopf erbringt es leicht:
Die Botschaft folgt dem frommen Wunsch,
Solang der Zaster reicht.
37 Und eins ist sicher: Schnee wird schwarz
Und Druckerschwärze rein,
Wo diese schräge Kunst gedeiht,
Wird schier aus Wasser Wein.
38 Der Message dort entgehst Du nicht,
Sie holt Dich immer ein,
Denn Fallen stellt man, Trichtern gleich,
Da gießt man sie hinein.
39 "Der alte Wirkstoff", schrien sie laut,
"Half Kranken ohne Zahl."
Die Botschaft war so bös wie falsch,
Die Folgen sehr fatal -
Die Fo-holgen sehr fatal.
40 Doch darauf kommt es dort nicht an,
Der Skrupel wird verdrängt,
Die Kohle fließt, solang der Zopf
Beim Publikum verfängt.
41 In Strömen floss der Zaster ab!
Enthalten im Vertrag
Der Wunsch, zu widmen Jahr für Jahr
Der AIDS-Pest einen Tag.
42 "Ein Erdentag, geweiht der Pest,
Entsprechend zelebriert,
Bewirkt, dass stets präsent ist Angst
Und Umsatz generiert -
Und U-humsatz generiert."
Gib acht!
43 Selbst wenn der Himmel runterfällt,
Die Pest bringt ihr'n hinauf,
Sie hat ja einen eig'nen Tag,
In jedem Jahreslauf.
44 Obwohl das Virus faktisch fehlt,
Jetzt hat es ein Gesicht,
Obwohl es keiner wiegen kann,
Jetzt ist es von Gewicht.
45 Es flimmert abends übern Schirm,
Und grinst vom Titelblatt,
Es prägt von früh bis spät sich ein
Als frecher Nimmersatt.
46 Erstaunlich klar scheint die Gestalt,
Wie abgefilmt die Form,
Als ob man vielfach im Labor
Es aufschloss nach der Norm.
47 Denn wie Du schon gesehen hast,
Die Wasser dort sind seicht:
Was Forschung nicht mehr schaffen kann,
Ein Grafik-Tool schafft's leicht -
Ein Gra-hafik-Tool schafft's leicht.
48 Die Virus-Bildchen gibt's für lau,
Nur Viren sah man nicht,
Obwohl sie doch myriadenfach
Bedrohen Dich und mich.
49 Am AIDS-Tag aber, sapperlott,
Da zeigt es sich fürwahr,
Daß zwanzig Jahre nicht umsonst
Beschwört ward die Gefahr.
50 Denn jeder Sender dudelt mit,
Und ändert das Programm,
Selbst wenn er im Verteiler fehlt:
Er bläst es auf dem Kamm.
51 Und jede Redaktion erbricht
Den vorgekauten Text,
Mit dem die Lügennase dort,
Bei mir der Ekel wächst.
52 Im Dröhn-Kanal, im Nepp-Programm,
Im bunten Blätterwald,
Man glüht vor Eifer, ja, man schwört:
Das Ende kommt nun bald.
53 Der Sermon kommt mit süßem Schmelz,
Oh, glaube es, wer mag,
Die Phrase wird gedroschen, ach,
Den lieben, langen Tag.
54 Die Rettungsparty steigt, man kreischt:
"Oh bleibt nicht länger kalt!"
Man trägt es in die Welt hinaus,
Für Vorteil und Gehalt.
55 Polit-Clowns sah ich, Adel, Geld,
Auch Kurie und Kunst,
Sie nippten am Champagnerglas
Im Prominenten-Dunst.
56 Man lacht sich hinten in die Faust,
Kriegt vorne dick bezahlt,
Wenn an die Wand man, fett umrahmt,
Den Teufel hat gemalt -
Den Teu-heufel hat gemalt.
57 Die Pampe kommt als Schnellgericht:
Zwar wird sie nicht verdaut,
Doch stopft sie die Gedärme voll,
Obwohl gut vorgekaut.
58 So läuft das nun seit vielen Jahr'n,
Die Kranken bleiben krank,
Und kriegen mehr verordnet dann,
Und schlucken's wie zum Dank.
59 Doch richtet mehr noch die Arznei
Als jene Mittel an,
Die vorher sie im Übermaß
Sich selber angetan.
60 Vom Übermaß der Helferlein
Aus Tiegeln der Chemie:
So wurden diese Menschen krank,
Genesen aber nie -
Gene-hesen aber nie.
Gib acht!
61 Man bringt hervor, behandelt dann,
Hat beides patentiert,
Und würgt die echte Heilkunst ab,
Sofern sie nicht pariert.
62 Und wenn Du's nicht begriffen hast,
Dann tut's mir wirklich leid,
Ich fürchte, für den echten Stoff
Bist Du noch nicht bereit.
63 Doch brauchst Du einen Fachbegriff,
Für das, was AIDS man heißt,
Dann tauf es Chemikalien-Pest,
Das trifft's zuallermeist.
64 Von Viren spricht man offiziell,
Das hört sich besser an,
Ein Freibrief für die Pharmazie,
Zugleich ein schlauer Plan.
65 Was Dir vielleicht die Rente ist,
Dem Amtmann die Pension,
Ein Klacks ist's, wenn Du Wechsel ziehst
Auf Krankheit, Leid und Hohn.
66 Das Siechtum wird zum Wirtschaftszweig,
Zuerst zählt Fortbestand,
Dann Wachstum auch und Steigerung -
Es ist 'ne große Schand'. ***
67 Die Pharma aber singt den Blues
Vom Helfen oder so,
Und wird bei einer frischen Pest
Endemisch quasi - froh.
68 "Am meisten lohnt sich Virulenz,
Es ist der beste Deal,
Dass dieser Trick verfange, Jungs,
Sei darum unser Ziel!"
69 "Wir brauchen Pseudo-Seuchen stets,
Das ist das Hauptproblem,
Und wenn die Story halbwegs zieht,
Wird alles angenehm -
A-halles so angenehm.
Stoßt an!"
70 So höhnten dort die Bosse froh.
Doch habt Ihr's auch gehört?
Dass heuer nun zum ersten Mal
Die Messe ward gestört?
71 Nicht gut verbürgt ist der Bericht:
Dass Leute so wie Du
Erhoben wohl entsetzt Protest -
Trug's wirklich so sich zu?
So sprich doch: Trifft es zu?
Zum 1. Dezember 2005
© Thomas Bokelmann
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